In der Welt der Computer Generated Images stellen 3D-Charaktere bis heute die Königsdisziplin dar.
Wir haben bereits in unserem Post zum Thema „Uncanny Valley“ angeschnitten, dass dieser Umstand den vielen Referenzen des täglichen Lebens zu verdanken ist.
Jeder Mensch hat ein tief verankertes Gespür dafür, wie seine Artgenossen aussehen und sich bewegen.
Aber ist Charactererstellung wirklich so schwer?
Entwickelt man einen Character „from scratch“ dann ja, definitiv. Die organischen Formen und realistischen Proportionen eines Menschen nachzumodellieren bedarf viel Zeit, Detailarbeit und ein gut geschultes Auge. Und damit ist nur der erste Schritt erledigt. Auch das Texturing ist bei humanoiden Charakteren sehr komplex. Beispielsweise braucht es verschiedene Hauttöne, da unsere Haut je nach Bereich dicker oder dünner ist und dementsprechend durch darunter liegende Adern oder Gewebe einen anderen Farbton annimmt. In mühseliger Handarbeit geben Hautporen und Falten, die mittels einer Bump- oder Normalmap auf den Character gepainted werden, ihm gemeinsam mit feinen Härchen den letzten, realistischen Schliff. Um zumindest bei den Texturen etwas Zeit zu sparen und sehr gute Ergebnisse zu erzielen kann man hochwertige Texture Sets von Anbietern wie texturing.xyz kaufen.
Und damit steht dann erst der Körper. Haare, Kleidung und Accessoires müssen ebenfalls erstellt und dem Character angepasst werden. Da in den meisten Fällen der Character animiert oder zumindest in unterschiedlichen Posen abgebildet werden soll, muss er zusätzlich mit einem dem menschlichen Skelett nachempfundenen Rig versehen werden. Auch das ist im Zusammenspiel der vielen Gliedmaßen ein aufwendiger Prozess. Und um wirklich realistisch animieren zu können braucht man zusätzlich noch ein Muscle-System, welches die Haut bei Bewegungen natürlich deformiert.
Es gibt allerdings, zur Erleichterung aller 3D-Artists, mittlerweile auch eine Bandbreite an Tools, die bereits vorgefertigte Charaktere mit samt Animationen zu Verfügung stellen. Aus einer Bibliothek an Charactern und Animationen kann man sich hier bedienen, was viele Arbeitsschritte und damit Zeit spart. Im Nachgang kann man diese bei Bedarf noch etwas händisch anpassen. Die Basis steht mit diesen Tools aber teilweise innerhalb weniger Minuten.
Auch fertige 3D-Modelle werden oft zum Kauf angeboten. Diese unterscheiden sich stark im Detailgrad: vom stilisierten Comic-Character bis hin zum hyperrealistischen Photoscan ist dabei alles vertreten.
Verschiedene Tools, Anbieter und ihre Anwendungsbereiche
Cutout People
Fotografierte und freigestellte Personen wirken zwar besonders realistisch, sind allerdings schwierig in Renderings einzubinden, da oft Perspektive und Lichtstimmung nicht ideal zueinander passen. Auch fehlen realistische Schatten und Reflexionen der Personen auf den Objekten im gerenderten Bild. Diese werden, wie die Personen selbst, in der Nachbearbeitung ins Rendering eingefügt. Dennoch wird dieses Verfahren vor allem in Architekturvisualisierungen oft angewandt.
Anbieter für sogenannte Cutout People sind zum Beispiel viz-people oder gobotree.
3D People
Die nächste Stufe sind 3D gescannte Personen. Diese gibt es in verschiedenen Posen und mit verschiedenfarbigen Outfits. Einige Anbieter stellen sogar Personen in Bewegung zur Verfügung. Der Vorteil hier ist, dass diese Personen sich absolut harmonisch ins Bild einfügen und die Perspektive und Lichtstimmung der Szene exakt aufgreifen und wiedergeben, da sie vor dem Rendern direkt in die Szene eingebunden werden. Auf Grund des Scanverfahrens sind sie teilweise bei Nahaufnahmen nicht 100% realistisch sondern leicht verzerrt, da die Geometrie der Personen nur angenähert ist. Für Personen im Hintergrund oder um Szenen mit Leben zu füllen ist die Qualität aber absolut ausreichend.
Anbieter für 3D scanned people sind beispielsweise renderpeople oder 3Dpeople.
4D People
4D People sind ebenfalls 3D gescannte echte Personen, allerdings in Bewegung. Sprich es wird nicht nur eine Pose festgehalten, sondern ein ganzer Bewegungsablauf. Häufig werden hier Situationen festgehalten, die sich für Hintergrundaktionen eignen, beispielsweise sich unterhaltende Personen, eine telefonierende Geschäftsfrau oder eine sitzende, lesende oder Kaffee trinkende Person.
3D Scanned Animatable People
Teilweise besteht die Möglichkeit, 3D gescannte Personen auch gewisse Handlungen vollziehen zu lassen, welche vorab animiert oder mittels Motion Capturing erfasst wurden. Ein solcher Anbieter ist zum Beispiel Anima von axyz design, ein einfach zu handhabendes und vielseitig einsetzbares Tool, welches wir zum Beipiel in diesem Projekt für GEZE verwendet haben.
Andere Tools wie Mixamo bieten ebenfalls die Möglichkeit, Animationen auf statische 3D-Charactere anzuwenden, eignen sich aber hauptsächlich für Animationen im Hintergrund.
3D Character Generator
Es gibt verschiedene Tools, um mehr oder weniger gute 3D Charaktere zu erstellen, welche dann geposed oder animiert werden können. Qualitativ okay dafür aber recht einfach ist daz3D. Eine Spur realistischer und mit mehr Möglichkeiten bietet der Character Creator von reallusion. Eine weiteres Tool stellt Epic Games mit Metahuman zur Verfügung, welches online und umsonst getestet werden kann, allerdings auf den Einsatz in der Unreal Engine optimiert ist. Der Vorteil von generierten 3D Charactern liegt in der Flexibilität der Posen und Animationen, da man hier nicht auf vorab aufgenommene Sequenzen angewiesen ist. Allerdings erfordert das manuelle animieren und erstellen der Posen auch wesentlich mehr Zeit.
Hand sculpted 3D Character
Wie oben bereits beschrieben, bilden die von 3D-Character-Experten erstellten Charaktere die aufwendigste aber letztlich auch realistischste Methode. Hierbei wird in höchstem Detailgrad gearbeitet und nur wenige Künstler sind in der Lage, jeden Schritt in Perfektion zu beherrschen. Welche Schritte notwendig sind, ist in diesem Video von Kent Trammell übersichtlich dargestellt. Wer sich die herausragende Arbeiten ansehen will kann sich die Werke von Ian Spriggs, Hossein Diba oder Hadi Karimi ansehen.
Nicht-menschliche 3D Charaktere
All die genannten Tools und Varianten beziehen sich auf die Erstellung möglichst realistischer, menschlicher Charaktere. Aus Film und Fernsehen sind uns allen aber auch eine Vielzahl an tierischen, roboter-artigen oder auch gegenständlichen Charakteren bekannt, wie z.B. Mickey Mouse, Wall-E oder auch Milky & Schoki aus der Kinderriegel-Werbung.
Diese Charaktere besitzen zwar die nötigsten Merkmale, wie Augen und Arme, damit wir als Menschen uns mit ihnen und ihren Emotionen identifizieren können. Darüber hinaus sind sie aber eher abstrakt gestaltet. Da diese Character im realen Leben nicht existieren und der Betrachter somit keinen Vergleichswert hat, werden sie tendenziell bereitwilliger angenommen und als sympathisch gewertet – besonders dann, wenn sie entsprechend des Kindchenschemas noch etwas verniedlicht sind.
Abstraktion im Character Design ist also auf ganz unterschiedlichen Ebenen möglich. Das erleichtert es einem Artist oder Storyteller, auf die „Quintessenz“ einer Erzählung oder das Key-Feature eines Produkts einzugehen, ganz ohne unnötig hohen Arbeitsaufwand.
Durch die richtigen Anpassungen lässt sich der Fokus des Betrachters sogar besser lenken und Ideen werden unter Umständen schneller verstanden, als bei der Verwendung eines menschlichen Characters.
Weiterführende Links
Wer vom Thema „humanoide 3D Character“ immer noch nicht genug hat, für den haben wir hier noch ein paar Videoempfehlungen:
Digital Human – Behind the Scenes
Chris Jones – Ed
CG Cookie – Blender Kurs
Dorian Nakamoto – Speedsculpt