Setzt man sich mit Produktvisualisierung im 3D-Raum auseinander, kommt man um die Bezeichnung „digitaler Zwilling“ nicht herum. Aber auch in anderen Bereichen fernab der Medienlandschaft ist das Prinzip fest verwurzelt.
Was ist ein „digitaler Zwilling“?
Eigentlich ist es einfach: was drauf steht, ist auch drin. Ein digitaler Zwilling repräsentiert in der digitalen Welt ein Objekt (beziehungsweise die Idee davon) aus der realen Welt. Ob das Objekt in der Realität bereits besteht oder erst in Zukunft existieren wird, ist dabei zweitrangig.
Das Modell des Objekts kann ggf. Simulationen, Algorithmen, Services und Funktionsweisen des realen Zwillings beinhalten und ermöglicht so einen übergreifenden Datenaustausch.
Der digitale Zwilling im 3D-Workflow
Für 3D-Artists sind die Design- und (je nach Anwendung) die Funktionskomponente eines Produkts mit Sicherheit am wichtigsten. Um ansprechende Darstellungen oder erklärende Animationen eines Produkts zu erstellen, erhalten wir den digitalen Zwilling des Kundenprodukts meist in Form von Konstruktionsdaten. Damit sparen wir uns den Schritt des Modellings. Die Daten sind messtechnisch genau und bilden das fertige Produkt nahezu perfekt ab. Je nach Einsatzwunsch des Kunden wird das Produkt dann aufbereitet.
High-End-Visualisierung
Soll das Motiv zu Werbezwecken verwendet werden, steht ein hoher Detailgrad im Fokus. Die Geometrie muss hoch aufgelöst werden, um höchste Qualität nicht nur in Gesamtansichten, sondern auch auf Close-Ups zu gewährleisten. Das Ziel ist eine Abbildung, deren Grad an Realismus einem Foto oder Video gleicht.
Interaktive und Web-Anwendungen
Mit exakt denselben Konstruktionsdaten lässt sich gleichzeitig ein komplett anderes Feld bedienen: Echtzeit-Anwendungen, in denen der Betrachter aktiv mit dem Objekt interagieren kann. Diese Anwendungen müssen schnell geladen werden und flüssig laufen, weshalb die zu übertragende Datenmenge so gering wie möglich sein sollte. Daher werden das Modell und seine Texturen möglichst niedrig aufgelöst. Diese Daten eignen sich für verschiedene Einsatzzwecke.
3D-Darstellung
In der simpelsten Form lässt sich ein Produkt so auf diversen Webseiten oder Shops in 3D einbinden. Der Verbraucher kann es dann eigenständig drehen und in Ruhe von allen Seiten betrachten und vergleichen, bevor er seine Kaufentscheidung fällt.
Die Produktpalette unseres Kunden GAZI haben wir beispielsweise so aufbereitet.
Konfiguratoren
Bietet man ein Produkt an, das in verschiedenen Ausführungen oder mit unterschiedlichen Features erhältlich ist, ist man mit einem Konfigurator gut beraten. So kann der Verbraucher verschiedene Möglichkeiten durchgehen und sich sein Wunschprodukt zusammenstellen. Das schafft Klarheit und spart Zeit.
Ein schönes Beispiel dafür ist der Konfigurator unseres Kunden Alber.
AR – Augmented Reality
Besonders praktisch: die Schnittstelle aus virtueller und realer Welt. Mit Hilfe von AR-Anwendungen lassen sich z.B. auf dem Handy- oder Tabletdisplay virtuelle Objekte in den realen Raum projizieren. Dieses Feature kann vielseitig eingesetzt werden. Sei es, um einen Verlegungsplan der Rohre beim Gebäudebau zu erstellen, verschiedene Einrichtungsgegenstände vor dem Kauf zu testen oder aber auch einen Messeaufbau zu planen.
Bevor irgendetwas produziert, verladen und geliefert werden muss, können alle Anforderungen bis ins Detail geprüft werden: ressourcen-, zeit- und kostenschonend.
Virtuelle Meetingräume
Auch für Meetings und Produktvorstellungen eröffnen sich durch die Erstellung eines digitalen Zwillings neue, spannende Möglichkeiten. Aus einem langweiligen Call, bei dem der User mit Bildern und Texten überhäuft wird, die er sich am Ende sowieso nicht merken kann, wird ein interaktives, eindrückliches Erlebnis. Produkte können wie oben beschrieben eigenständig und ohne Zeitdruck angesehen werden, ganz ohne die lange Schlange, die man auf einer realen Messe antreffen würde. Bereits bestehendes Footage wie Bilder, Videos und PDFs können natürlich trotzdem eingebettet werden. Auch Live-Chats und Video-Calls sind hier möglich. Die perfekte Mischung aus Interaktivität und Zurücklehnen, aktiver Teilnahme und sich berieseln lassen.
Funktionsweisen zeigen
Alle oben genannten Anwendungsmöglichkeiten beziehen sich ausschließlich auf die Darstellungsvarianten des digitalen Zwillings. Für die meisten Kunden stehen diese auch im Fokus, Erklärungen zu Produktfunktionen werden oft auf Textebene übertragen.
CGI kann aber noch viel mehr. Wie oben bereits erwähnt, können auch bestimmte Funktionsweisen eines Produkts animiert und Abläufe physikalisch korrekt simuliert werden. Im Gegensatz zu Foto- oder Videografie hat CGI mit dem digitalen Zwilling hier einen wahnsinnig großen Vorteil: wir können uns selbst aussuchen, an welche physikalischen Gesetze wir uns halten und an welche nicht. So können wir zum Beispiel ein Produkt „aufschneiden“, um die Vorgänge im Inneren zu beobachten, ohne sie in irgendeiner Weise zu zerstören oder zu beeinflussen. Das wäre in der Realität nur mit enormem Aufwand, in manchen Fällen auch gar nicht möglich.
Simulationen sind zwar auch in der virtuellen 3D-Welt sehr rechen- und damit zeitintensiv. Gleichzeitig sind sie aber auch unheimlich viel wert, weil sie eine Bandbreite neuer Möglichkeiten und Tests eröffnen.
Eine Datei – viele Möglichkeiten
Die Erstellung eines digitalen Zwillings bringt dementsprechend sehr viele Vorteile mit sich. In den meisten Branchen sowieso schon Vorstufe zum realen Produkt, ist auch der nachträgliche virtuelle Nachbau des eigenen Produkts ein sinnvoller Weg, um sich verschiedene Vermarktungsstrategien zugänglich zu machen. Einmalige Erstellung für eine Bandbreite an Nutzungs- und Darstellungsmöglichkeiten – das zeichnet den digitalen Zwilling aus.
Weitere Anwendungsbereiche
Neben der Erstellung unterschiedlichster Werbematerialien eines Produkts durch uns 3D-Artists findet das „Digitaler-Zwilling-Konzept“ in vielen weiteren Bereichen Anwendung. Einige davon sind die folgenden:
Medizin
In der Medizin kann beispielsweise ein virtuelles Abbild des Patienten mit konkreten Eigenschaften erstellt werden. So kann der Arzt sich bereits vorab mit dem Fall auseinandersetzen, um individueller auf den Patienten einzugehen. Spezialanfertigungen ermöglichen ein besseres Operationsergebnis und eine schnellere Genesung.
Logistik und Produktionssteuerung
Logistische Prozesse sowie Produktionsketten können mit Hilfe eines digitalen Zwillings getestet und optimiert werden. So lassen sich Abläufe von Lagerhäusern oder ganzen Hafenanlagen intelligent steuern.
Stadtentwicklung
Noch in den Kinderschuhen, aber mit großem theoretischen Mehrwert: nach dem Smart-City-Konzept könnten Verkehrsdaten, Versorgungsnetze, Baubestände und weitere Informationen über die Infrastruktur von Städten vernetzt werden. Der digitale Zwilling würde so die Instandhaltung und Abläufe urbaner Lebensräume effizienter gestalten.
Industrielle Fertigung von technischen Produkten
Bereits seit der 2010er-Jahre ist die Erstellung eines digitalen Zwillings zu Entwicklungs- und Designzwecken in der Industrie gang und gäbe. Funktion und Aussehen des Produkts können so ressourcenschonend simuliert und angepasst werden.
Oft wird hierbei nicht nur ein einzelnes Einsatzfeld getestet, sondern der gesamte Lebenszyklus des Produkts wird abgebildet. Darunter fallen Design, Erstellung, Betrieb und sogar die Wiederverwertung.